Neustart verschoben
Polen, Deutsche und der Schatten des Krieges
Abstract in English
Abstract
In den vergangenen Jahren war das deutsch-polnische Verhältnis von Konflikten und Entfremdung geprägt. Der Wahlsieg des Bündnisses von Donald Tusk im Oktober 2023 nährte die Hoffnung auf einen Neustart in den Beziehungen. Doch dieser lässt auf sich warten. Verantwortlich dafür ist primär die Unfähigkeit Deutschlands, den polnischen Erwartungen gerecht zu werden, eine angemessene Form der Wiedergutmachung für die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg zu leisten. Das zeigte sich bei den Feierlichkeiten zum Gedenken an den 80. Jahrestag des Warschauer Aufstands. Die von der Bundesregierung vertretene Position, keine Reparationen mehr leisten zu müssen, ist formaljuristisch richtig. Doch Wiedergutmachung ist aus historischen, moralischen und politischen Gründen geboten. Und sie wäre eine Voraussetzung, dass der deutsch-polnische Motor in der EU, der in Zeiten des Ukrainekriegs und nach dem Wahlsieg von Trump in den USA dringender denn je gebraucht wird, Zugkraft entfaltet.
(Osteuropa 11-12/2024, S. 181194)