Titelbild Osteuropa 7-9/2020

Aus Osteuropa 7-9/2020
Teil des Dossiers Tschernobyl

Die Wiederaufbereitung von Majak
Vom Sieg der Atomindustrie über das Recht

Nadežda Kutepova


Abstract in English

Abstract

Das Zentrum der sowjetischen Atomwaffenindustrie lag im Südural. Die Anlage Majak nahe Čeljabinsk leitete in riesigen Mengen radioaktive Abfälle in Flüsse und Seen. Nach einer schweren Explosion 1957 wurde ein riesiges Gebiet kontaminiert, doch die Behörden verschleierten die Katastrophe. Erst mit dem Ende des Ost-West-Konflikts wurde die Gesundheit über die Interessen der Atomindustrie gestellt. Neue Umweltgesetze verschärften die Auflagen für die Atomindustrie und Majak verlor seine Bedeutung als Waffen-schmiede. Doch es gelang dem Werk, eine Auflösung zu verhindern. Statt die Atomindustrie zu Entschädigungszahlungen zu verpflichten, speiste der Staat die Opfer der radioaktiven Verseuchung mit Sozialleistungen ab. Und Majak fand ein neues Geschäftsmodell: die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennstäbe. In den 2000er Jahren kehrte der sowjetische Geist Schritt für Schritt zurück: Informationen werden rechtswidrig geheimgehalten, die Wahr-heit über radioaktive Verseuchung heruntergespielt oder geleugnet.

(Osteuropa 7-9/2020, S. 235–251)