Machtvertikale und Solidaritätshorizontale
Der Staat und der Protest in Hrodna 2020
Abstract in English
Abstract
Auch in Hrodna kam es am 10. August 2020 zu spontanen Protesten gegen Wahlfälschung. Hunderte Menschen wurden verhaftet. Das Ziel der Machtvertikale in Minsk, so die Lage unter Kontrolle zu bringen, scheiterte. Der Protest nahm zu, und die Stadtverwaltung von Hrodna ging eigene Wege. Sie gestattete Kundgebungen und kündigte die Freilassung der Gefangenen an. Sie vertraute den Repräsentanten der Protestbewegung und traf mit ihnen organisatorische Absprachen. Zu diesem Vertrauen trug bei, dass sich an den Protesten Arbeiter aus den staatlichen Großbetrieben der Stadt sowie Repräsentanten religiöser Gruppen beteiligten. Das stärkte die gesellschaftliche „Solidaritätshorizontale“ gegen die Staatsgewalt. Nach vier Tagen griff Minsk ein: die Verwaltungsspitze Hrodna wurde abgelöst, die Machtvertikale setze sich durch.
(Osteuropa 10-11/2020, S. 261280)