Titelbild Osteuropa 7/2006

Aus Osteuropa 7/2006

Beschränkter Pluralismus
Postkommunistische autoritäre Systeme

Margarete Wiest

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Abstract in English

Abstract

In der Transformationsforschung wurde das Konzept des Autoritarismus vernachlässigt. Autoritäre Systeme von demokratischen und totalitären abzugrenzen, galt lange als Desiderat. Beschränkter Pluralismus läßt sich als zentrales Kennzeichen autoritärer Systeme begreifen. Seit einiger Zeit wächst das Interesse an der Thematik; das schlägt sich in einer Vielzahl von "Autoritarismen mit Adjektiven" nieder, die gebildet wurden, um die Besonderheiten der postkommunistischen autoritären Systeme einzufangen. Zu den Spezifika der Autoritarismen im ex-kommunistischen Raum gehören eine mangelnde Rechtsstaatlichkeit, ineffiziente Staatlichkeit und eine enge Verwebung von Politik und Wirtschaft.

(Osteuropa 7/2006, S. 65–78)

Volltext

In der Transformationsforschung zum postkommunistischen Raum fristete der Begriff des Autoritarismus lange Zeit ein Schattendasein. Zu Beginn der 1990er Jahre dominierte das Paradigma der transition to democracy, d.h. die Annahme, daß sich die ehemals kommunistischen Länder schon irgendwie in Richtung Demokratie bewegen würden. Zwar zeichnete sich bereits Mitte der 1990er Jahre ab, daß sich die Demokratie nicht in allen Transformationsstaaten „konsolidieren“ würde, sondern daß die Demokratisierung in Rußland, der Ukraine, Belarus, den kaukasischen und zentralasiatischen Staaten und einigen Nachfolgestaaten Jugoslawiens steckenblieb oder (vorerst) gar scheiterte. Daraufhin ließ sich jedoch nicht beobachten, daß die Transformationsforschung auf die Begrifflichkeit des Autoritarismus zurückgegriffen hätte. Statt dessen entwickelte sie zwei Konzepte, die explizit darauf gerichtet waren, diese „Systeme der gescheiterten Demokratisierung“ nicht als autoritär zu begreifen. Zum einen wurden sogenannte „verminderte Subtypen“ (diminished subtypes) der Demokratie gebildet. Dabei handelt es sich nicht um klassische Untertypen der Demokratie, die ausgehend von einem „root concept“ der Demokratie alle Definitionskriterien erfüllen und lediglich Unterschiede bei der Ausprägung dieser „vollwertigen“ Demokratien aufzeigen. Statt dessen besteht das Besondere der „verminderten Subtypen“ gerade darin, daß sie wichtige Definitionsmerkmale der Demokratie verletzen. Die Zahl der in diesem Sinn gebildeten „Demokratien mit Adjektiven“ ist kaum mehr zu überblicken. Sie reichen von der „begrenzten Demokratie“, der „autoritären Demokratie“ über die „delegative Demokratie“ bis zu dem im deutschsprachigen Raum wohl bekanntesten Konzept der „defekten Demokratie“. Mit der Begriffswahl geht die Annahme einher, daß es sich bei diesen Systemen sehr wohl um Demokratien bzw. Polyarchien im Sinne Robert Dahls und nicht um autoritäre Systeme handelt. Diese Demokratien wiesen lediglich spezifische Defizite auf, die sich im Laufe der weiteren Konsolidierung auflösen könnten. Mit dem Konzept der „verminderten Subtypen“ sind zwei Probleme verbunden: ein konzeptionelles und ein politisches. Konzeptionell ergibt sich ein „logisches Problem“, wenn vom „root concept“ der Demokratie ein Untertyp gebildet wird, der genau dessen Kernprinzipien wie freie und faire Wahlen oder Rechtsstaatlichkeit verletzt. „Kernprinzipien sind Kernprinzipien, und ein Minimum ist ein Minimum, von dem nichts mehr subtrahiert werden kann“, so die treffende Kritik von Friedbert Rüb. Mittels der „Demokratien mit Adjektiven“ wird also eine saubere Unterscheidung zwischen demokratischen und autoritären Systemen verhindert, wodurch in erster Linie der Demokratiebegriff verwässert wird. Politisch sind „verminderte Subtypen“ von Demokratie insofern problematisch, als sie den Herrschenden in solchen Ländern helfen, ihre Systeme nach innen und außen zu legitimieren. Besonders gut zeigt sich dies am rußländischen Fall, wo der von Vladimir Putins „spin doctors“ erfundene Begriff der „gelenkten Demokratie“ dazu dient, den autoritären Charakter des politischen Systems zu verschleiern. Neben den „Demokratien mit Adjektiven“ entwickelte die Transformationsforschung das Konzept der „hybriden Regime“, um Systeme der mißlungenen Demokratisierung zu beschreiben. Darunter werden Herrschaftssysteme verstanden, die Merkmale der Demokratie mit denen des Autoritarismus derart verbinden, daß sie weder das eine noch das andere darstellen. Manche Forscher beziehen den Begriff des „hybriden Regimes“ lediglich auf Systeme in der unmittelbaren Übergangszeit, was unproblematisch ist, da sich in allen Transformationsländern für gewisse Zeit Merkmale beider Herrschaftstypen finden lassen. Andere dagegen verwenden den Begriff im Sinn eines eigenständigen, neuen politischen Systemtypus, der gleichberechtigt neben Demokratie, Autoritarismus und Totalitarismus treten soll. Damit ist implizit die Annahme verbunden, daß in Ländern mit gescheiterter oder steckengebliebener Demokratisierung ein genuin neues politisches System entstanden sei, das sich nicht in die bisherige Trias der Herrschaftsformen einordnen lasse. Dies erscheint bei näherer Betrachtung aber nicht überzeugend, da sich diese Systeme sehr wohl mit den Kriterien des Autoritarismus fassen lassen. Mittlerweile läßt sich in der Transformations- und Osteuropaforschung ein Umdenken feststellen. Seit einiger Zeit wird sowohl das Konzept der „Demokratien mit Adjektiven“ als auch das der „hybriden Regime“ zunehmend kritisiert. Zunehmend wird nun zur Kennzeichnung der Systeme der gescheiterten Demokratisierung der Begriff des autoritären Systems benutzt. Dahinter steht die Feststellung, daß sich die Herrschaftssysteme in Ländern wie der Rußländischen Föderation, Belarus oder Azerbajdžan nicht mehr als Übergangsregime begreifen lassen, deren demokratische Defizite wie etwa unfaire oder gefälschte Wahlen, mangelnde Rechtsstaatlichkeit oder ausgehöhlte Gewaltenteilung im Laufe der Zeit schon überwunden werden würden. Statt dessen zeigte sich, daß diese Defekte systemischer Natur sind. Seit einigen Jahren scheint in der Disziplin fast das en vogue zu sein, was früher in bezug auf Demokratien in Mode war, nämlich Autoritarismen „mit Adjektiven“ zu bilden. So wird vom „isolationären Autoritarismus“, „bürokratischen Autoritarismus“, „plebiszitären Autoritarismus“, „soften Autoritarismus“ oder gar dem „kompetitiven Autoritarismus“ gesprochen. Dabei ist manchmal nicht ganz klar, ob es sich im jeweiligen Fall um klassische oder verminderte Subtypen autoritärer Systeme handelt. Auch sind nicht wenige dieser Adjektive auf der Basis der Analyse eines Einzelfalls entstanden. Dadurch lassen sich zwar treffend die Besonderheiten des konkreten Länderbeispiels erfassen. Was bisher aber fehlt, ist eine systematische Beschäftigung mit dem Autoritarismus und seinen spezifischen Ausprägungen in den ehemals kommunistischen Ländern – und das über „case studies“ hinaus. Davon ausgehend könnten sich interessante Impulse für die Autoritarismusforschung im allgemeinen ergeben, die bis heute insgesamt erst schwach ausgeprägt ist. So stammen die Standardwerke über autoritäre Systeme noch aus den 1970er und 1980er Jahren und beziehen sich in erster Linie auf den lateinamerikanischen und südeuropäischen Raum. Die Idee vom Autoritarismus als eigenständigem Systemtypus neben Demokratie und Totalitarismus stammt aus den 1970er Jahren. Bis dahin dominierten dichotomische Klassifikationen, die davon ausgingen, daß die Herrschaftstypen relativ einfach und klar in Demokratien auf der einen und Nicht-Demokratien auf der anderen Seite eingeteilt werden könnten. Für letztere wurden dabei am häufigsten die Begriffe Diktatur oder Autokratie benutzt. Auch wenn manche der postkommunistischen Regime durchaus passend als Diktatur bezeichnet werden können, erscheint es für eine systematische Beschäftigung mit den Systemen der mißlungenen Demokratisierung fruchtbarer zu sein, sich des von Juan Linz entwickelten Konzepts des Autoritarismus zu bedienen. Dieses basiert auf der Idee, daß der Autoritarismus einen Systemtyp „sui generis“ darstellt. Die sich daraus ergebende Dreiteilung der politischen Systeme weist gegenüber der dichotomischen Klassifikation den Vorteil auf, die qualitativen Differenzen innerhalb der Nicht-Demokratien zu betonen. Sie wird damit den besonderen Ausprägungen von Autoritarismus und Totalitarismus gerechter. Zugleich öffnet die Dreiteilung Platz für die vielfältigen Erscheinungsformen autoritärer Herrschaft. Darüber hinaus lassen sich mit diesem Konzept auch Systeme erfassen, die einen eher niedrigen Repressionsgrad aufweisen. Schließlich kann die Anwendung staatlicher Gewalt zur Absicherung der eigenen Herrschaft in autoritären Systemen unterschiedliche Ausprägung annehmen und sich in manchen Phasen kaum von der in demokratischen Systemen unterscheiden. Im Gegensatz dazu betonen die Begriffe Autokratie und Diktatur den Aspekt umfassender staatlicher Zwangs- und Gewaltmaßnahmen. Beschränkter Pluralismus als Kennzeichen autoritärer Systeme Was sind nun die Kennzeichen eines autoritären Systems? Und wie läßt sich dieses von den beiden anderen Herrschaftstypen, der Demokratie und dem Totalitarismus, abgrenzen? Die bis heute einflußreichste Typologie politischer Systeme stammt von Juan Linz, der 1975 drei Kriterien zur Unterscheidung der Herrschaftsformen aufstellte: den Grad der politischen Mobilisierung der Massen, die Herrschaftslegitimierung und den Umgang der Herrschenden mit dem politischen Pluralismus. Im Unterschied zum ersten Merkmal finden sich die beiden anderen in fast allen Kriterienkatalogen wieder, die in der Folge entwickelt und ausgebaut wurden. Tatsächlich besitzt der unterschiedliche Mobilisierungsgrad wenig Trennschärfe, um demokratische, autoritäre und totalitäre Systeme eindeutig voneinander abzugrenzen. Nach Linz zeichnen sich totalitäre Systeme durch eine hochgradige Mobilisierung der Massen aus, während autoritäre Regime eher auf die Entpolitisierung und politische Apathie der Bevölkerung zielen. Aber erstens, und darauf verweist Linz selbst, kann es auch in autoritären Systemen Phasen hoher Mobilisierung geben, während zweitens totalitäre Systeme nicht permanent die Bevölkerung mobilisieren müssen. Wichtiger erscheint dagegen die unterschiedliche Legitimation der demokratischen, autoritären oder totalitären Herrschaft. Letztere zeichnet sich dadurch aus, daß sie durch eine Ideologie mit absolutem Wahrheitsanspruch gerechtfertigt wird. Dagegen legitimieren sich autoritäre Systeme im Rückgriff auf sogenannte „Mentalitäten“, d.h. eher auf die Emotionen, die Gegenwart oder Vergangenheit ausgerichtete und im Gegensatz zu Ideologien weniger verbindliche Konstrukte wie Nationalismus, Etatismus oder die Vorstellung von „Ordnung und Sicherheit“. In ihrer „Verschwommenheit“ erlaubten Mentalitäten den Herrschenden eine große Flexibilität. In der Demokratie wiederum beruht die Herrschaftslegitimation auf den Prinzipien der Volkssouveränität und der politischen Gleichheit, materialisiert in demokratischen Verfahren wie freien, fairen, gleichen und kompetitiven Wahlen und grundlegenden Partizipations- und Freiheitsrechten. Zwar sind Ideologie bzw. Volkssouveränität zentral für das Verständnis von Totalitarismus und Demokratie; Mentalitäten stellen aber kein ausschließliches Legitimationsprinzip autoritärer Systeme dar. Auch in totalitären Systemen können die Herrschenden – neben der Ideologie – auf den Nationalismus zurückgreifen. Ähnlich finden demokratische Verfahren auch in autoritären Systemen Verwendung. Allgemeine und freie Wahlen können regelmäßig durchgeführt werden und müssen nicht so dreist gefälscht werden, wie etwa in der Ukraine im Winter 2004, was zur Orangenen Revolution führte. Das zeigt das Beispiel Rußland. Dennoch wird der demokratische Charakter der Wahlen in solchen Ländern ausgehöhlt, da sie nicht fair und kompetitiv sind. Die Überschneidungen in der Herrschaftslegitimation zeigen, daß dieses Kriterium, so wichtig es ist, zur Abgrenzung der drei Herrschaftstypen alleine nicht ausreicht. Entscheidender als die Frage, wie Herrschaft legitimiert wird, scheint diejenige nach dem Umgang mit der Macht zu sein. Damit wird der Fokus auf das Verhalten der politischen Führung und die gesellschaftlichen Grundlagen der politischen Systeme gerichtet. Dies geschieht mittels des dritten von Linz genannten Kriteriums, dem Umgang mit dem Pluralismus. Linz sieht dieses Merkmal als das wichtigste seiner Typologie an. Unter Pluralismus sind autonom handelnde gesellschaftliche und damit auch politische Akteure zu verstehen, die eigenständig ihre Interessen definieren und miteinander um politischen, wirtschaftlichen und politischen Einfluß konkurrieren. Vor diesem Hintergrund läßt sich der Autoritarismus als Herrschaftssystem mit begrenztem Pluralismus klar von der Demokratie mit ihrem fast unbegrenzten Pluralismus und dem Totalitarismus unterscheiden, der den Pluralismus abzuschaffen trachtet. Dabei ist zu bedenken, daß der Pluralismus selbstverständlich auch in demokratischen Systemen kein völlig unbeschränkter ist. Um die Demokratie vor Anti-System-Kräften zu schützen und ein Ausarten des politischen Wettbewerbs in Chaos zu verhindern, müssen die Autonomie und die Vielfalt der gesellschaftlichen Kräfte sogar beschränkt werden. Die Begrenzungen in demokratischen und autoritären Systemen unterscheiden sich aber grundlegend voneinander. In Demokratien werden sie ausschließlich im Rahmen des Verfassungs- und Rechtsstaats vorgenommen und lassen den demokratischen Grundkonsens unangetastet, der neben demokratischen Verfahren das Prinzip der politischen Gleichheit sowie grundlegende Bürger- und Freiheitsrechte umfaßt. In autoritären Systemen dagegen wird dieser Grundkonsens verletzt. Schließlich besteht der Sinn der Begrenzungen ja gerade nicht darin, eine geregelte und friedliche Konfliktaustragung durch die pluralistischen Kräfte sicherzustellen, sondern die Macht der Herrschenden zuungunsten der politischen Opposition auszuweiten. Anders als in totalitären Systemen wird die Autonomie gesellschaftlicher und politischer Kräfte in autoritären Systemen aber nicht abzuschaffen versucht, sondern prinzipiell durchaus akzeptiert. Dies kommt darin zum Ausdruck, daß in autoritären Systemen stets ein legaler Raum für die Opposition vorhanden ist. Zwar wird diese in ihrer Funktionsfähigkeit behindert. So ist sie nicht in der Lage, ihre Kontrollaufgabe effektiv auszuüben; sie kann aber, in unterschiedlichem Grad, Kritik am Regime formulieren. In manchen Fällen sind autoritäre Herrscher sogar an der Existenz einer gewissen Opposition interessiert. Um sich eine „liberale Fassade“ zu geben, können sie die Entstehung einer Halb- oder Semiopposition fördern, trotz der Gefahr, daß sich diese einmal ihrer Kontrolle entziehen und verselbständigen könnte. Beides ist in totalitären Systemen nicht möglich, wo die politische Opposition verboten ist. Die sich aus der Mischung aus prinzipieller Akzeptanz und realer Kontrolle und Lenkung ergebende „Mehrdeutigkeit politischer Opposition“ in autoritären Systemen „hebt sich deutlich von den klaren Grenzlinien zwischen dem Regime und seinen Opponenten in totalitären Regimen ab“, wie Juan Linz feststellt. Zudem versuchen totalitäre Systeme, alle drei Dimensionen des Pluralismus abzuschaffen: den politischen, den gesellschaftlichen und den Meinungspluralismus. Während sich der erste in der freien Entfaltung der politischen Opposition manifestiert, bezieht sich der gesellschaftliche Pluralismus sowohl auf die Autonomie gesellschaftlicher Gruppen wie NGOs, Verbände oder religiöser Organisationen sowie die Unabhängigkeit der Wirtschaft von der Politik. Unter Meinungspluralismus wiederum sind die Prinzipien der Informations- und Meinungsfreiheit sowie die Existenz unabhängiger Medien zu verstehen. Während der Herrschaftsanspruch totalitärer Systeme allumfassend ist, tolerieren autoritäre Regime gewisse gesellschaftliche Freiräume. Doch auch sie begrenzen den Pluralismus. Beschränkungen des Pluralismus im postkommunistischen Raum Einige typische Beispiele zeigen, wie die Machthaber in den postkommunistischen autoritären Systemen Pluralismus beschränken. Sie greifen dabei auf diverse Praktiken zurück. Rechtliche Eingriffe Beschränkungen können sowohl in rechtliche Regelungen gegossen und damit de jure verankert sein, als auch nur de facto das politische Handeln der Herrschenden widerspiegeln. Ein Beispiel für ersteres sind Gesetze, die die Gründung bzw. Registrierung politischer Parteien an so hohe Bedingungen knüpfen, daß sie oppositionelle Gruppierungen nur schwer oder gar nicht erfüllen können. So erhöht das geänderte Parteiengesetz Rußlands vom Dezember 2004 die erforderliche Mindestanzahl von Mitgliedern, die eine Partei nachweisen muß, um anerkannt und damit auch zu Wahlen zugelassen zu werden, von 10 000 auf 50 000 Personen. Zudem müssen diese in mindestens der Hälfte der 89 Föderationssubjekte „aktive“ Untergruppen mit nun mindestens 500 und nicht mehr nur 100 Mitgliedern aufweisen. Auf diese Weise werden kleinere Parteien sowie solche mit regionaler Schwerpunktsetzung benachteiligt. Noch rigider fällt das kasachische Parteiengesetz vom Juni 2002 aus, das für die Zulassung als Partei 50 000 Unterschriften sowie mindestens 300 Mitglieder in jedem der Verwaltungsbezirke verlangt. Dabei ist zu bedenken, daß Kazachstan nur ein Zehntel der Einwohnerzahl von Rußland hat. Zudem müssen Parteien sich dort spätestens innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Gründung registrieren lassen, was angesichts der hohen Zahl an geforderten Unterschriften die Chancengleichheit neuer oppositioneller Gruppierungen gegenüber den etablierten regimetreuen Parteien deutlich verzerrt. Einen ähnlichen Effekt haben unverhältnismäßig hohe Prozenthürden bei Parlamentswahlen. Beispielsweise wurde im Mai 2005 das Wahlgesetz zur rußländischen Staatsduma derart verändert, daß ab den nächsten Wahlen für Parteien keine Fünf-, sondern nunmehr eine Sieben-Prozent-Hürde gilt. Bedenkt man, daß die demokratischen Oppositionsparteien Jabloko und „Union der rechten Kräfte“ (Sojuz Pravych Sil; SPS) bereits bei den letzten Parlamentswahlen an der Fünf-Prozent-Klausel scheiterten, so stehen ihre Chancen auf einen Einzug ins Parlament nun noch schlechter. Auch in Georgien gilt eine Sieben-Prozent-Hürde, die von den „Rosenrevolutionären“ nach ihrem Sieg trotz Drucks von seiten der EU nicht gesenkt wurde. In der Folge sicherte sich deren Parteiblock bei den Parlamentswahlen im März 2004 eine Zwei-Drittel-Mehrheit, während lediglich eine Oppositionspartei den Sprung ins Parlament schaffte. Das von offizieller Seite vorgebrachte Argument, eine hohe Prozenthürde fördere die Konsolidierung des Parteiensystems, überzeugt weder in Georgien noch in Rußland. Schließlich gibt es keinen Grund, weshalb die bisherige Klausel dafür nicht ausreichen würde. Die Probleme des rußländischen und georgischen Parteiensystems liegen am wenigsten daran, daß eine Vielzahl kleiner Parteien den Einzug ins Parlament schaffen und dort eine stabile Mehrheitsbildung verhindern würde. Daß es in erster Linie um die Verzerrung des politischen Wettbewerbs zugunsten der herrschenden Kräfte geht, läßt sich gut an den Entwicklungen nach der Wahl aufzeigen. Sowohl die rußländische „Partei der Macht“ Edinaja Rossija/ Edinstvo als auch die georgische Regierungspartei Natsionaluri Modzraoba – Demokratebi („Nationale Bewegung – Demokraten“) nutzten ihre herausgehobene Stellung im Parlament, um den innerparlamentarischen Pluralismus zu beschränken. Nach der Manier „The Winner takes all“ sicherten sich „Einiges Rußland“ und „Nationale Bewegung – Demokraten“ die Vorsitzendenposten aller parlamentarischen Ausschüsse. Auf diese Weise wird der ohnehin schwachen Opposition fast vollständig die Möglichkeit genommen, auf die Ausübung der parlamentarischen Kontroll- und Kritikfunktion gegenüber der Exekutive zu drängen. Administrative Ressourcen Neben solch rechtlich verankerten Begrenzungen des politischen Pluralismus, zu denen beispielsweise auch weitreichende Möglichkeiten zum Verbot von Parteien oder eine einseitige Zusammensetzung der Zentralen Wahlkommissionen zählen können, läßt sich die Position der politischen Opposition auch durch das Ausschöpfen sogenannter administrativer Ressourcen beschränken. Darunter ist die einseitige Nutzung staatlicher Mittel und Behörden zugunsten der Herrschenden zu verstehen. Dies stellt insbesondere im Vorfeld von Wahlen ein beliebtes Mittel dar, um die Chancen der Regimekritiker zu schwächen. So überziehen Polizei und Finanzämter plötzlich Oppositionspolitiker mit Steuer- und Strafverfahren. Weit verbreitet ist die Ungleichbehandlung von regierungstreuen und -feindlichen Politikern und Gruppen bei der Verteilung von Auftrittsorten im Wahlkampf. So wurde zum Beispiel die Kampagne des Spitzenkandidaten der damaligen ukrainischen Oppositionspartei Naša Ukraїna (Unsere Ukraine), Viktor Juščenko, während des Präsidentschaftswahlkampfs im November 2004 systematisch torpediert. Hallen, in denen er auftreten sollte, wurden in letzter Minute gesperrt, öffentliche Plätze blockiert oder seinem Flugzeug die Landung verweigert. Daneben gehört es auch zu den administrativen Methoden, Druck auf lokale Behörden und Wahlkommissionen auszuüben, Oppositionspolitiker aus den Wählerlisten zu streichen. Aus diesem Grund konnte beispielsweise die georgische Parlamentssprecherin Nino Burdžadnadse ihre Stimme bei der Parlamentswahl vom November 2003 nicht abgeben. Manipulation der Öffentlichkeit Die Chancen der politischen Opposition werden in den postkommunistischen autoritären Systemen zudem durch die Beschränkung des Meinungspluralismus begrenzt. In fast allen diesen Ländern läßt sich eine mal stärkere, mal weniger stark ausgeprägte Kontrolle der Medien durch den Staat beobachten. Zumeist konzentrieren sich die Bemühungen der herrschenden Macht auf die Lenkung der elektronischen Medien. So wurde beispielsweise die einst durchaus lebendige Fernsehlandschaft Rußlands seit dem Amtsantritt Vladimir Putins konsequent ausgedörrt und auf Kremllinie gebracht. Im Juli 2003 verlor mit TVS der letzte der landesweiten privaten TV-Sender seine Unabhängigkeit. Nachdem die dort beschäftigten Journalisten mehrfach den Kreml kritisiert hatten, wurde der Sender durch einen regierungsnahen Sportkanal ersetzt. Die Printmedien genießen dagegen, auch wegen ihres eher geringen Verbreitungsgrads, meist größere Freiheit. Dennoch ist auch dort eine Mischung aus journalistischer Selbstzensur, nicht zuletzt resultierend aus hohen Strafforderungen wegen möglicher Verleumdungsklagen, und inoffiziellen Anweisungen durch die staatlichen Behörden weit verbreitet. In der Ukraine unter Präsident Kučma etwa gab der Leiter der Präsidialverwaltung, Viktor Medvedčuk, wöchentliche Themenanweisungen an die Journalisten heraus, sogenannte temniki. Deren Nichtbeachtung konnte zum Verlust der Lizenz, Steuerverfahren oder Verleumdungsklagen führen. Die zahlreichen Eingriffe in die Unabhängigkeit der „vierten Gewalt“ schwächen die Möglichkeiten der politischen Opposition, ihre Kritikfunktion zu erfüllen. Zudem werden auf diese Weise die freie Meinungsbildung der Bürger und die Fairneß der Wahlen verletzt, wodurch der freie und gleiche Wettbewerb pluralistischer Kräfte leidet. Mehrdeutigkeit der Opposition Die aufgezählten Beschränkungen des politischen und Meinungspluralismus führen dazu, daß der Raum für die politische Opposition schrumpft. Die Bandbreite der autoritär motivierten Eingriffe und die daraus resultierende Rolle der Opposition kann beträchtlich variieren. In manchen Ländern werden kritische Kräfte derart marginalisiert, daß sie nicht einmal mehr im Parlament vertreten sind. So sitzt im 2004 gewählten kasachischen Parlament kein einziger Abgeordneter mehr, der nicht direkt oder indirekt mit einer der propräsidentiellen Parteien verbunden ist. In anderen Ländern können Oppositionelle durchaus beträchtliche Erfolge bei Wahlen erreichen. So erzielte Michail Saakaschwili im Juni 2002 mit seiner neu gegründeten Partei Ertiani Natsionaluri Modzraoba (Vereinigte Nationale Bewegung) bei den georgischen Kommunalwahlen knapp ein Viertel der Stimmen und wurde danach zum Vorsitzenden der Stadtverwaltung und damit de facto zum Bürgermeister der Hauptstadt gewählt. Von dort aus gelang es ihm, seine politische Stellung zu festigen und zum beliebtesten (Oppositions-)Politiker des Landes aufzusteigen. Auch in der Ukraine konnten Kučma-kritische Politiker beachtliche Wahlerfolge verbuchen. So gewann der Block „Naša Ukraїna“ von Viktor Juščenko offiziell die Parlamentswahlen vom März 2002, da er die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte. Dies verweist auf einen deutlich größeren Grad an politischer Autonomie, als dies beispielsweise in Kazachstan oder Azerbajdžan der Fall ist. Dennoch wurde auch in Systemen, in denen die Herrschenden eher moderat Pluralismus beschränkten, die Machtübernahme der Opposition stets zu verhindern versucht. So schweißte die ukrainische Präsidialadministration nach den Parlamentswahlen von 2002 mit Zuckerbrot und Peitsche hastig eine propräsidentielle Mehrheit in der Verchovna Rada zusammen, um den Regierungsanspruch der Opposition kontern zu können. Daß das System Kučma dennoch im November 2004 beendet wurde, spricht nicht gegen die Einordnung als autoritär. Wie die Wahlmanipulationen Ende 2004 zeigen, hatte das Regime bis zuletzt Pluralismus im demokratischen Sinn nicht akzeptiert. Ein charakteristisches Kennzeichen autoritärer Systeme stellt die von Linz beschriebene Mehrdeutigkeit der Opposition dar. Darunter ist zu verstehen, daß diese nicht nur – anders als der Widerstand im totalitären System – aus Regimegegnern besteht, sondern daß auch eine sogenannte Semiopposition existieren kann. Deren Ziel besteht nicht im Machtwechsel, sondern beschränkt sich auf die moderate Kritik an den Herrschenden. Zumeist haben sich die Vertreter einer solchen Semiopposition mit dem Regime insoweit arrangiert, als sie in vielen Bereichen, beispielsweise im Parlament, eng mit diesem zusammenarbeiten und prinzipiell an einer Kooptation in die herrschenden Machtzirkel interessiert sind. Indem sie jedoch durchaus Kritik üben und zumindest in Ansätzen eine politische Alternative vertreten, sind sie nicht mit einer reinen Pseudoopposition gleichzusetzen. Denn letztere ist vollständig in die herrschende Riege des autoritären Systems integriert. Sie stellt lediglich dem Namen nach eine oppositionelle Kraft dar, erfüllt jedoch in keiner Weise die Funktionen einer Opposition. Demgegenüber befindet sich die Semiopposition nur im Dunstkreis der Macht. Eine solche Halbopposition läßt sich in vielen der postkommunistischen autoritären Systeme beobachten. In manchen Fällen wird sie gar von den herrschenden Kräften bewußt gefördert. Dabei kann sowohl der Wunsch nach einer pluralistischen Fassade nach innen und außen als auch die Erwartung, auf diese Weise die „echte“ Opposition zu schwächen, eine Rolle spielen. Beides läßt sich gut am Beispiel der linksnationalistischen Partei Rodina („Heimat“) zeigen, deren Gründung von der Kremladministration gefördert wurde. Das Kalkül war, den oppositionellen Kommunisten einen großen Teil ihrer Wählerschaft abzugraben. Tatsächlich gelang dies bei den Dumawahlen 2003 eindrucksvoll, als die neue Partei Rodina aus dem Stehgreif auf 9,1 Prozent der Stimmen kam, während sich der Stimmenanteil der KPRF auf 12,7 Prozent halbierte. Aufgrund der Nähe zum Kreml, die sich auch im Abstimmungsverhalten im Parlament widerspiegelt, kann Rodina nicht als „echte“ Oppositionspartei eingestuft werden; zugleich stellt sie kein einfach zu lenkendes Konstrukt der „Partei der Macht“ dar. Augenfällig manifestiert sich ihr ambivalenter Charakter darin, nicht mit Kritik an der Regierung zu sparen, die Person des Präsidenten aber sorgfältig außen vor zu lassen. Die Möglichkeit, durch solche quasi assoziierten Parteien das Oppositionslager zu spalten und diese an gemeinsamem Vorgehen hindern zu können, überwiegt in eher moderaten autoritären Systemen oftmals die Furcht, die geschaffenen Freiräume nicht mehr kontrollieren zu können. Dimensionen autoritärer Systeme Bis heute ist der Autoritarismus konzeptionell schwach ausgearbeitet. Das wird etwa bei dem Versuch deutlich, Subtypen des Autoritarismus zu bilden. So sind die dazu in der Vergangenheit entwickelten Kataloge kaum geeignet, die Besonderheiten der postkommunistischen autoritären Systeme zu erfassen. Schließlich stellen diese weder „Militärregime“, „autoritär-korporatistische“ oder „rassistisch-autoritäre Regime“ dar, noch weisen sie theokratischen oder primär dynastischen Charakter auf. Ein Ansatzpunkt könnte in diesem Zusammenhang darin bestehen, weniger auf die Bildung klassischer Subtypen auf der Grundlage eher beschreibender Kriterien – wie Zahl und Art der Akteure oder deren spezifischer Herrschaftslegitimation – zu setzen, als Dimensionen des Autoritarismus zu erarbeiten. Diese sollten zum einen die Bandbreite der realen Ausprägungen autoritärer Systeme einfangen, zum anderen ermöglichen, konkrete Länder auf einem Spektrum des Autoritarismus zu verorten und dessen Entwicklungsoptionen aufzuzeigen. In bezug auf den postkommunistischen Raum scheinen vier solcher Dimensionen des Autoritarismus von besonderer Bedeutung zu sein. Zum einen handelt es sich um den Grad des beschränkten Pluralismus. Je stärker dieser von den Herrschenden begrenzt wird und je mehr Dimensionen des Pluralismus davon erfaßt werden, desto stärker sind totalitäre Tendenzen gegeben. Je geringer dagegen die Einschränkungen ausfallen, desto größer ist die Nähe zur Demokratie. In diesem Sinn weisen Länder wie Uzbekistan oder Turkmenistan eindeutig totalitäre Tendenzen auf, während Georgien und die Ukraine unter Kučma als Systeme mit eher moderat begrenztem Pluralismus eingestuft werden können. Es verwundert daher nicht, daß es gerade in letzteren beiden Ländern der Opposition gelang, die herrschenden Machthaber von der Macht zu vertreiben. Fragt man nach den Ursachen des beschränkten Pluralismus, ist zu bedenken, daß dieser nicht nur auf Manipulationen und Eingriffe durch die Herrschenden zurückgeht. Dabei spielen auch die gesellschaftlich-kulturellen Grundlagen der Länder eine Rolle, womit eine weitere Dimension des Autoritarismus angesprochen ist. Während sich Demokratien durch eine Autonomie der gesellschaftlichen Subsysteme und die Fähigkeit zur gesellschaftlichen Selbstorganisation auszeichnen, ist beides im Totalitarismus nicht gegeben. In autoritären Systemen wiederum können Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur weitgehende Unabhängigkeit genießen, diese kann aber auch eingeschränkt sein. Die Fähigkeit zur gesellschaftlichen Selbstorganisation mag vorhanden, aber unterdrückt sein, kann aber auch nur sehr schwach ausgeprägt sein. Als Folge des kommunistischen Systems mangelt es allen postkommunistischen autoritären Systemen, wenngleich in unterschiedlichem Grad, an der Unabhängigkeit der Wirtschaft von der Politik. Trotz aller Differenzen im Detail zeichnen sich postkommunistische autoritäre Systeme zudem durch einen schwachen Grad an gesellschaftlicher Selbstorganisation aus. Darunter leidet in erster Linie die Entwicklung eines funktionsfähigen Parteiensystems. Ohne ein solches wiederum können weder die Parlamente Autonomie von der übermächtigen Exekutive gewinnen, noch die politische Opposition ihre Aufgaben effizient erfüllen. Deren Schwäche geht schließlich zumeist nicht allein auf die Beschränkung des politischen Pluralismus zurück, sondern liegt auch an der mangelnden gesellschaftlichen Selbstorganisation. Eine Überwindung dieser historisch-kulturellen Erblasten kann somit als Schritt in Richtung Demokratie interpretiert werden. Die dritte Dimension betrifft den Umgang mit dem Recht. Wie bereits erwähnt, stellt ein funktionierender Verfassungs- und Rechtsstaat eine unbedingte Voraussetzung für eine Demokratie dar, läßt sich doch nur in seinem Rahmen eine kontrollierte Ausübung der Macht sicherstellen. In diesem Sinne stellen Demokratien stets liberale Verfassungs- und Rechtsstaaten dar. Läßt man das Adjektiv „liberal“ weg, das sich auf bürgerliche Freiheits- und Partizipationsrechte bezieht, so können auch autoritäre Systeme rechtsstaatlichen Charakter annehmen. Dies ist dann der Fall, wenn das positive Recht normative Geltung erreicht und der Rechtsschutz durch unabhängige Gerichte garantiert wird. Bisher erfüllt aber – als direktes Erbe des kommunistischen und zaristischen Rechtsnihilismus – keines der autoritären Systeme im postkommunistischen Raum dieses Kriterium. Davon zeugen nicht zuletzt zahlreiche Verfassungsänderungen, durch die die Herrschenden die formalen Rechte ihrer jeweiligen Interessenlage anpassen oder die mangelnde Unabhängigkeit der Gerichte. Entwicklungen, die zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit führen, ließen sich in dieser Hinsicht als Schritt in Richtung Demokratie, eine Rückkehr zum absoluten Willkürsystem dagegen als Schritt in Richtung Totalitarismus interpretieren. Die vierte Dimension autoritärer Systeme bezieht sich auf die Frage nach der Effizienz des Staates. Zum einen ist darunter zu verstehen, daß dieser sein Monopol auf allgemeinverbindliche Entscheidungen durchsetzen kann. Zum anderen fällt darunter auch eine effiziente staatliche Infrastruktur wie Verwaltung, Polizei usw. Eine Demokratie bedarf eines solchen funktionsfähigen und anerkannten Staates, da ansonsten bestimmte Bereiche oder Gebiete des Staates dem Geltungsbereich der demokratischen politischen Institutionen entzogen werden können. Was das staatliche Gewaltmonopol anbelangt, so ist dies in manchen der postkommunistischen autoritären Systeme durchgesetzt, in anderen – vor allem in Folge separatistischer Bestrebungen – dagegen nicht. Allen gemeinsam ist eine weitgehend ineffiziente Verwaltung, die sich auch in der weitverbreiteten Korruption widerspiegelt. Die Ineffizienz der staatlichen Strukturen stellt dabei ein Erbe der Sowjetzeit dar, als der Staat nicht nach funktionalen Gesichtspunkten operierte, sondern von der Partei zur Kontrolle der Gesellschaft instrumentalisiert wurde. Die Überwindung dieser historischen Erblast kann einen wichtigen Schritt in Richtung Demokratie darstellen. Die genannten Dimensionen autoritärer Systeme sind nicht als vollständige Aufzählung gedacht. Sie sollen darauf hinweisen, wie vielfältig die realen Ausprägungen autoritärer Systeme sein können und wie spezifisch die Voraussetzungen der postkommunistischen Autoritarismen sind. Bis heute leidet die Autoritarismusforschung schließlich daran, daß ihre Standardwerke sich in erster Linie auf den lateinamerikanischen und südeuropäischen Raum sowie den Zeitraum der 1970er und 1980er Jahre konzentriert. Eine Ergänzung durch den postkommunistischen Raum könnte Impulse für die Autoritarismusforschung im allgemeinen und die Transformationsforschung zu Osteuropa geben.

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