Titelbild Osteuropa 4/2003

Aus Osteuropa 4/2003

Kuda ideš Srbijo?
Serbien nach der erfolglosen Präsidentenwahl und dem Mord an Đinđić

Reinhold Vetter

Abstract

Das Fiasko bei der Präsidentenwahl im Herbst 2002 hatte die Transformationsprobleme Serbiens deutlich gemacht. Von der Aufbruchstimmung nach dem Sturz von Slobodan Milošević schien wenig geblieben zu sein. Politische Teilnahmslosigkeit und wenig Zukunftshoffnung bestimmten das Denken der Bürger. Erste Erfolge auf dem Weg zu einer funktionierenden Marktwirtschaft und das weitgehende Scheitern bei der Reform des Staates charakterisierten die Bilanz der Regierung von Premier Zoran Đinđić. Der Machtkampf zwischen dem Premier und dem ehemaligen jugoslawischen Präsidenten Vojislav Koštunica hatte wichtige Projekte wie die Reform der serbischen Verfassung blockiert und den Vertrauensvorschuß der internationalen Gemeinschaft für Serbien weitgehend aufgebraucht. In diese Situation fiel der Mord an Đinđić. Viele Bürger begriffen erst jetzt, wen sie verloren hatten. Mit der Trauer keimte auch leise Hoffnung auf. Der neue Premier Zoran Živković, die Regierung und die sie tragenden Parteien versprechen die Fortsetzung der Reformen und einen neuen Anlauf zur Bekämpfung des organisierten Verbrechen. Vom Zusammenwirken der demokratischen Kräfte hängt es ab, ob Demokratie und Rechtsstaat in Serbien zum Tragen kommen.

(Osteuropa 4/2003, S. 483–501)