Ausdehnung ohne Entlastung
Russlands Krieg gegen die Ukraine: die 130. Kriegswoche
Nikolay Mitrokhin, 27.8.2024
Russlands Besatzungsarmee setzt ihren Vormarsch an den beiden wichtigsten Angriffsachsen im Donbass ungeachtet des ukrainischen Vorstoßes auf russländisches Territorium unvermindert fort. Mit Pokrovs‘k und Konstantynovka stehen zwei große ukrainische Städte in der Region vor dem Fall. Im Gebiet Kursk hat sich die Front weitgehend stabilisiert. Offen ist, ob die Ukraine mit neuen Angriffen an anderen Orten für Entlastung im Donbass sorgen kann. Im mit großer Härte geführten Luftkrieg zerstören beide Seiten weiter wichtige Infrastruktur des Gegners.
Die Front im Gebiet Kursk hat sich in der 130. Kriegswoche weiter stabilisiert. Die ukrainische Armee rückte zwar an einigen Stellen weiter vor und weitete insbesondere im Westen ihres Vorstoßraums das besetzte Gebiet aus. Große Erfolge konnte sie jedoch nicht mehr erzielen. Auch Kriegsgefangene machte sie kaum noch.
Im Westen des Vormarschgebiets sind die ukrainischen Streitkräfte in den vergangenen Tagen rund zwei Kilometer vorgerückt und haben einige weitere Dörfer unter ihre Kontrolle gebracht. Der erwartete entscheidende Vorstoß entlang des Flusses Sejm zu der Flussquerung nördlich von Gluškovo sowie die Einnahme von Befestigungsanlagen entlang der Staatsgrenze sind jedoch ausgeblieben.
Russland konnte sogar mindestens eine der drei zerstörten Behelfsbrücken wieder errichten und versorgt jetzt über diesen Übergang in der Nähe der Siedlung Karyž die Truppen im Landkreis Gluškovo. Sollte es der Ukraine gelingen, die Pontonbrücke erneut zu zerstören, so kann Russlands Armee angesichts der Stabilisierung der Front ihre rund 3000 Mann südlich des Flusses mittlerweile unter Einsatz von Amphibienfahrzeugen, Motorbooten oder schweren Drohnen versorgen. Ob es dieser Truppe dort allerdings gelungen ist, Befestigungsanlagen zu errichten, ist unklar.
Im Norden des Vormarschgebiets greifen die ukrainischen Einheiten weiter die Kreisstadt Korenevo an. Von dort gibt es keinerlei Videomaterial. Einige tagesaktuelle Karten, die von ukrainischer und teils auch von russländischer Seite verbreitet wurden, zeigten aber einen Verlauf der Frontlinie mitten durch die Siedlung, während die Kämpfe vor einer Woche noch am östlichen Rand der Kleinstadt stattfanden. Auch haben die ukrainischen Truppen die russländischen Verteidigungslinien im Osten von Korenevo umgangen und dabei mindestens zwei Dörfer eingenommen. Doch zu einem Angriff auf die Kreisstadt von Nordosten ist es bislang nicht gekommen.
Im nordöstlichen Bereich des Vormarschgebiets haben die ukrainischen Einheiten nach einer Woche schwerer Kämpfe die Siedlung Malaja Lochnja eingenommen, wo sich ein Straflager für rund 200 Frauen befand. Die dort stationierte 810. Marineinfanteriebrigade der russländischen Armee wurde eingekreist, erlitt schwere Verluste, bevor ihr dann doch ein Rückzug samt Evakuierung aller Verletzten gelang. Im Osten des Vorstoßraums konnten die ukrainischen Truppen nach heftigen Kämpfen nahe der Siedlung Russkaja Konopel’ka leicht vorrücken. Südlich davon ist es der russländischen Armee gelungen, die ukrainischen Einheiten um einige Kilometer zurückzudrängen.
Insgesamt hat die Ukraine somit leichte Geländegewinne erzielt. Da jedoch zuvor eine weitere Brigade in diesen Raum verlegt worden war, hatte Kiew sicher mit größeren Erfolgen gerechnet. Die Aussichten auf eine Einnahme des gesamten Landkreises Gluškovo sind eher geschwunden, da die ukrainischen Kräfte sich über einen großen Raum verteilen müssen und Russland Verstärkung in das Gebiet Kursk nachführt.
Putin persönlich hat verkündet, dass das 56. Luftlande-Sturmregiment von der Krim in das Gebiet Kursk verlegt wird, dazu die 11. Luftlande-Sturmbrigade aus Ulan-Udė, die im Frühjahr 2022 in der Ukraine schwere Verluste erlitten hatte, als auch mehrere Kommandeure der Einheit getötet oder verletzt wurden. Darüber hinaus setzt das Regime auf höhere Anreize für Freiwillige. Der Sold wurde erhöht und weitere Vergünstigungen versprochen. Zudem sollen in den Gebieten Kursk und Belgorod Selbstverteidigungskräfte aufgestellt werden.
Indirekt soll der Verbesserung der Moral auch ein Gefangenenaustausch dienen, der ungewöhnlich rasch zustande kam. Auf dem Weg über Belarus wurden 115 Wehrpflichtige, die Anfang August beim ukrainischen Vorstoß in das Gebiet Kursk in Kriegsgefangenschaft geraten waren, gegen 115 ukrainische Soldaten ausgetauscht, bei denen es sich überwiegend um Mitglieder der Nationalgarde und der Grenztruppen handelte, die sich in den ersten Tagen nach dem Überfall Russlands Ende Februar 2022 ergeben hatten. Der Kreml wollte mit der Bereitschaft zu diesem Austausch signalisieren, dass „die Heimat“ sich um die Wehrpflichtigen kümmert, die im Gebiet Kursk eingesetzt werden. Aus den nördlich von Moskau gelegenen Gebieten Ivanovo und Kostroma wurde bekannt, dass gerade eingezogene junge Männer nach nur einem Monat Grundausbildung nach Kursk gebracht werden.
Die Lage im Donbass
Augenscheinlich bringt Russland auch Truppen von der im Osten der Ukraine verlaufenden Front in das Gebiet Kursk. Diese werden jedoch aus jenen Abschnitten verlegt, denen die Moskauer Armeeführung keine Priorität zuweist. Bei Časiv Jar und nördlich von Charkiv hat Russland die Angriffe eingestellt. Genauere Informationen über Truppenverlegungen gibt es jedoch bislang keine.
Was diese Frontabschnitte betrifft, erfüllt der Vorstoß der ukrainischen Armee sein Ziel, Russlands Offensivpotential in der Ukraine zu schwächen. Dies gilt jedoch nicht für die beiden Abschnitte, in denen Russland die größten Aussichten auf bedeutende Erfolge hat: die Agglomeration von Torec‘k und das Vorstoßgebiet bei Pokrovs’k. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass anderswo abgezogene Truppen nicht nur ins Gebiet Kursk verlegt worden sind, sondern auch an diese beiden Frontabschnitte.
Östlich von Pokrovs’k ist die Moskauer Besatzungsarmee seit Mitte August durch die von Siedlungen, Bergwerken und Abraumhalden geprägte Landschaft in Richtung der letzten beiden größeren Orte vor Pokrovs’k vorgerückt: die Siedlung Hrodivka, wo vor dem Krieg rund 3500 Menschen lebten, sowie die Kleinstadt Novohrodivka mit einst 15 000, die angrenzenden Dörfer eingeschlossen sogar 22 000 Einwohnern. Hier hat es die ukrainische Armee offenbar nicht mehr geschafft, Verteidigungsstellungen zu errichten und verschanzt sich nur noch in Industrieanlagen und Wohnblöcken. Die dort stationierten Brigaden bestehen überwiegend aus wenig erfahrenen Soldaten, viele sind erst seit kurzem bei der Armee. Dies ist ein wichtiger Grund, warum die ukrainischen Truppen sich in den vergangenen Wochen aus der grundsätzlich für eine Verteidigung gut geeigneten Industrieregion so rasch zurückziehen mussten. Ukrainische Soldaten beklagen in den sozialen Medien, dass die Okkupationstruppen die Hälfte von Novohrodivka einnehmen konnten, ohne dass sie unter größeren Beschuss genommen wurden. Bestätigt sich dies, würde die Kleinstadt zum ersten Ort, den Russland in den vergangenen anderthalb Jahren einnehmen konnte, ohne dass er zuvor vollständig zerstört wurde. Nun droht drei Städten die baldige Besetzung durch die russländischen Truppen: Mirnohrad, Selydove und Pokrovs’k. In allen dreien läuft unter ständigem Artilleriebeschuss die Evakuierung. Die örtlichen Behörden, die Post, die Banken und die Geschäfte sind dabei, ihre Arbeit einzustellen.
Ebenfalls prekär ist die Lage in der Agglomeration von Torec’k. Die ukrainische Armee hat die Siedlung N’ju-Jork sowie die Kleinstadt Zalizne aufgegeben und muss sich in Torec’k selbst langsam zurückziehen. Wenngleich es hier in der letzten Augustwoche kaum Veränderungen gab, ist den ukrainischen Behörden klar, dass dies nicht so bleiben wird. Am 26. August wurde die Zwangsevakuierung aller Familien mit Kindern aus 26 Siedlungen angekündigt, darunter aus Konstantynovka, wo vor dem Februar 2022 rund 90 000 Menschen lebten und Anfang 2024 immer noch ca. 30 000.
Nicht wenige Beobachter, darunter solche aus dem Westen, zweifeln, ob es die richtige Entscheidung der ukrainischen Armeeführung war, kampferfahrene und gut ausgerüstete Truppen für den Vorstoß in das Gebiet Kursk einzusetzen und damit die Verteidigung im westlichen Donbass zu schwächen. Der ukrainische Präsident Zelens’kyj erklärte dazu auf einer großen Pressekonferenz am 25. August, der Vorstoß auf Sudža im Gebiet Kursk sei einem russländischen Angriff auf das ukrainische Gebiet Sumy zuvorgekommen.
Ein weiterer ukrainischer Vorstoß?
Für eine Einschätzung der tatsächlichen Ziele, des Erfolgs und des Preises der ukrainischen Operation im Gebiet Kursk ist es jedoch zu früh. Dies gilt insbesondere deswegen, weil – nach Befürchtungen mehrerer russländischer Militärkanäle – weitere ukrainische Vorstöße auf russländisches Territorium bevorstehen könnten. Eine der Stellen, an der ein Angriff befürchtet wird, ist der Abschnitt zwischen den Orten Suzemka und Sevsk im westlich von Kursk gelegenen Gebiet Brjansk. In dieser Gegend könnten ukrainische Einheiten bis zu den Flüssen Nerussa und Sev vorstoßen, um dort Verteidigungslinien zu errichten. Tatsächlich haben ukrainische Truppen am 21. August nahe der Siedlung Zabrama im Landkreis Klimovo des Gebiets Brjansk die Stärke der russländischen Verteidigung getestet. Der mit drei gepanzerten Transportern vorrückende Trupp war jedoch von den Grenzern früh entdeckt und anschließend unter Artilleriefeuer genommen worden.
Ein ukrainischer Vorstoß wird von russländischen Militärkanälen auch an einem der Frontabschnitte in der Ukraine befürchtet. Konkret geht es um einen Angriff auf Tokmak im Gebiet Zaporižžja, der für einen Vorstoß entweder in Richtung des besetzten AKW Zaporižžja oder in Richtung der auf die Krim führenden Landbrücke genutzt werden könnte. Sorgenvoll wird schließlich eine mögliche Landung ukrainischer Spezialtruppen auf der Kinburg-Halbinsel und auf der Tendra-Nehrung südwestlich von Cherson diskutiert. Die zwischen Mykolajiv und der Krim gelegene Gegend ist von großer strategischer Bedeutung. Sogar eine Landung im Westen der Krim wird für möglich gehalten. Davon zeugen russländische Luftangriffe auf die Schlangen-Insel und die sogenannten Bojko-Türme, die von ukrainischen Spezialkräften in der Vergangenheit für die Vorbereitung von Operationen auf der Krim verwendet wurden.
Der Luftkrieg
Russland hat am 26. August bei einem massiven Luftangriff Umspannstationen in der gesamten Ukraine attackiert. Nach ukrainischen Angaben wurden 127 Raketen und 109 Kampfdrohnen eingesetzt, 102 Raketen und 99 Drohnen seien abgeschossen worden. Der ukrainische Katastrophenschutz meldete 22 Löscheinsätze, was die Zahl der nicht abgefangenen Raketen und Drohnen ungefähr bestätigt. Es handelte sich um einen der massivsten Angriffe Russlands seit dem Überfall auf die Ukraine im Februar 2022, sieben Menschen starben, 47 weitere wurden verletzt.
Obwohl es vergleichsweise wenige direkte Treffer gab, kam es zu massiven Stromausfällen. Selbst in den am rechten Ufer des Dnipro gelegenen Stadtteilen von Kiew fiel der Strom aus. In mindestens fünf Gebietshauptstädten war für mehrere Stunden die Wasserversorgung unterbrochen. Grund waren Raketen- und Drohneneinschläge in den Umspannwerken im Zentrum des rechts des Dnipro gelegenen Landesteils. Die Umspannwerke in Vinnycja, Chmel’nyc'kyj und Luc’k sorgen für die Verteilung des Stroms, der vor allem in den in der Ukraine verbliebenen AKW produziert wird.
Russland nutzte die Tatsache, dass die Ukraine die vorhandene Luftabwehr vor allem zum Schutz der Großstädte und der wichtigsten Militärflugplätze nutzt. Um sämtliche Gebietshauptstädte und zudem die zahlreichen großen Umspannwerke zu schützen, die sich nicht im unmittelbaren Umkreis von Großstädten befinden, bräuchte die Ukraine viel mehr Flugabwehrsysteme. Russländischen Militärkanälen zufolge seien im Gebiet Vinnycja das östlich der Gebietshauptstadt gelegene Umspannwerk Vinnycja-750 getroffen worden sowie die im Westen des Gebiets gelegene Anlage Bar-330. Auch in den Gebieten Chmel’nyc’kyj, Odessa, Mykolajiv und Dnipropetrovs’k wurden offenbar Umspannanlagen zerstört. Eine Rakete traf das nördlich von Kiew bei Vyšhorod am Dnipro gelegene Wasserkraftwerk Kyjivs’ka HĖS, dessen Staumauer das Kiewer Meer zurückhält, einen Stausee von der Fläche des Bodensees. Möglicherweise wurde hier eine Turbine zerstört. Über die Schäden im Gebiet Luc’k ist außer dem Einschlag einer Drohne in einem mehrstöckigen Wohnhaus wenig bekannt. Wichtige Infrastruktur wurde in den Gebieten Žytomyr, Poltava und L’viv beschädigt oder zerstört, auch das bislang von Luftangriffen weitgehend verschont gebliebene Gebiet Zakarpats’ke wurde attackiert, der Flugkörper aber offenbar abgefangen. Eine Rakete durchflog nach polnischen Angaben auf einer Entfernung von 40 Kilometern polnischen Luftraum, wurde jedoch von der Luftabwehr nur erfasst, nicht aber abgeschossen.
Unklar ist, welchen Anteil der seit dem letzten Großangriff auf das ukrainische Stromnetz vor knapp zwei Monaten angehäuften Raketen Russland verschossen hat und wie viele die Armee in Reserve gehalten hat, um, wie bei früheren Angriffen geschehen, noch „nachzulegen“.
Ukrainische Luftangriffe
Auch die Ukraine hat in der 130. Kriegswoche erneut zahlreiche Ziele in Russland angegriffen. Legt man die Zahl der in dieser Woche jeweils eingesetzten Drohnen zugrunde, so produziert die Ukraine gegenwärtig die dreifache Anzahl an schweren Kampfdrohnen wie Russland. Außerdem ist es der ukrainischen Rüstungsindustrie gelungen, die Reichweite der Drohnen zu vergrößern. Die im „Schwarm“ anfliegenden unbemannten Fluggeräte überwinden immer häufiger die russländische Luftabwehr. Aber auch das ukrainische Raketenprogramm macht Fortschritte. Russland steht vor großen Unannehmlichkeiten.
Exemplarisch zeigt dies der Angriff auf das Treibstofflager „Kavkaz“ des staatlichen Ölbevorratungsamts Rosrezerv bei Proletarsk im Gebiet Rostov. Dieser fand am 18. August statt. Zehn Tage später ist der Großbrand immer noch nicht gelöscht. Ursprünglich waren zwei der 56, über vier Sektoren verteilte Großzisternen in Flammen aufgegangen. Die Gefahr, dass der Brand auf benachbarte Tanks übergreift, ist groß. Am 23. August erfolgte ein weiterer Angriff auf das Treibstofflager, bei dem zusätzlich zu den mittlerweile drei oder vier brennenden Zisternen weitere zwei in Flammen gesetzt wurden. Die Löscharbeiten, bei denen bereits 50 Feuerwehrleute verletzt worden waren, wurden noch gefährlicher und aussichtsloser. Zudem muss die Feuerwehr die benachbarte Stadt Proletarsk schützen, auf die der Brand überzugreifen droht, nachdem er bereits einige Schuppen, Garagen und Wohnhäuser in der Nähe des Lagers erfasst hat. Die Luftverschmutzung durch die Rauchwolken des Großbrands ist noch in einer Entfernung von 150 Kilometern zu bemerken und betrifft auch Großstädte wie die Gebietshauptstadt Rostov am Don. Doch die russländischen Behörden versuchen beharrlich, das Ausmaß und die Ursachen der riesigen Umweltkatastrophe zu verschweigen.
Die Folgen anderer ukrainischer Angriffe in der 130. Kriegswoche, die nicht zuletzt dem für strategische Bomber genutzten Flugplatz Olen’ja im Gebiet Murmansk sowie weiteren Luftwaffenstützpunkten im Gebiet Rostov und nahe Moskau galten, sind nicht bekannt. Gleiches gilt für den russländischen Drohnenangriff auf Ziele in den ukrainischen Gebieten Kiew, Čerkasy, Poltava, Mykolajiv und Odessa am 22. August. Der Ukraine gelang es am gleichen Tag, auf dem Flugplatz Marinovka bei Kalač-na-Donu im Gebiet Rostov, wo Aufklärungsflugzeuge vom Typ Su-24MP stationiert sind. Zum Zeitpunkt des Angriffs haben sich dort offenbar rund 30 Flugzeuge befunden, die teils unter freiem Himmel, teils in leichten Metallhangars geparkt waren. Zahlreiche Videos zeigen, dass mindestens zehn Drohnen eingeschlagen sind und Brände auf einem Streifen von einem Kilometer Länge verursacht haben.
Mit Raketen hat die Ukraine im Hafen von Kerč eine mit Eisenbahn-Öltanks beladene Fähre zerstört. Der Brand des auslaufenden Schweröls beschädigte Hafenanlagen und zerstörte zwei vor Anker liegende kleine Lotsenschiffe.
Am 24. August hat die Ukraine zudem einen äußerst erfolgreichen Angriff auf ein großes und gut verstecktes Munitionsdepot des russländischen Heers nahe der Stadt Ostrogorsk südlich von Voronež geführt. Mindestens ein Dutzend Lagerhallen wurden zerstört. Aufgrund der heftigen Explosionen mussten die Einwohner mehrerer nahgelegener Siedlungen evakuiert werden. Zwei Tage später schlugen zwei ukrainische Drohnen in zwei mehrstöckige Wohnhäuser in Saratov und der am gegenüberliegenden Ufer der Wolga liegenden Stadt Ėngel’s ein. Ihr Ziel war wahrscheinlich entweder der Luftwaffenstützpunkt Ėngel’s oder ein im Rüstungssektor tätiges Maschinenbauunternehmen in Saratov. Offenbar verfügte die Ukraine über veraltete Karten. Beide Hochhäuser, in die die Drohnen stürzten, sind erst jüngst errichtet worden.
Aus dem Russischen von Volker Weichsel, Berlin
Hinweis zu den Quellen: Die Berichte stützen sich auf die Auswertung Dutzender Quellen zu den dargestellten Ereignissen. Einer der Ausgangspunkte sind die Meldungen der ukrainischen sowie der russländischen Nachrichtenagenturen UNIAN und RIA. Beide aggregieren die offiziellen (Generalstab, Verteidigungsministerium, etc.) und halboffiziellen Meldungen (kämpfende Einheiten beider Seiten, ukrainische Stadtverwaltungen, etc.) der beiden Kriegsparteien. Der Vergleich ergibt sowohl übereinstimmende als auch widersprüchliche Meldungen und Darstellungen.
Zur kontrastierenden Prüfung ukrainischer Meldungen wie jene von Deep State (https://t.me/DeepStateUA/19452) – werden auch die wichtigsten russländischen Telegram- und Livejournal-Kanäle herangezogen, in denen die Ereignisse dieses Kriegs dargestellt und kommentiert werden, darunter „Rybar’“ (https://t.me/rybar), Dva Majora (https://t.me/dva_majors), und „Colonel Cassad“ (Boris Rožin, https://colonel cassad. livejournal.com/). Wichtige Quellen sind auch die Berichte, Reportagen und Analysen von Meduza und Novaja Gazeta Europe. Ebenfalls berücksichtigt werden die täglichen Analysen des Institute for the Study of War (www.understandingwar.org), das auf ähnliche Quellen zurückgreift.
Die Vielzahl der abzugleichenden Quellen wäre ohne Hilfe nicht zu bewältigen. Dem Autor arbeiten drei Beobachter zu, die für Beratung in militärtechnischen Fragen, Faktencheck und Sichtung russisch- und ukrainischsprachiger Publikationen aus dem liberalen Spektrum zuständig sind und dem Autor Hinweise auf Primärquellen zusenden. Die jahrelange wissenschaftliche Arbeit zu den ukrainischen Regionen sowie zahlreiche Reisen in das heutige Kriegsgebiet erlauben dem Autor, den Wahrheitsgehalt und die Relevanz von Meldungen in den sozialen Medien einzuschätzen.